Nach Redaktionsschluss haben wir vom Tod Stefan Walforts erfahren. Uns macht diese Nachrichttraurig. Stefan hat für diese Ausgabe der Hingeschaut! einen Artikel zum völkischen Dichter Moritz Jahn geschrieben. Wir haben ihn als engagierten Zeitgenossen kennengelernt. Er überlegte für seine Promotion im ABAG zu recherchieren. Dass er seine Pläne nun nicht mehr umsetzen kann, betrübt uns sehr.
Was man bei uns im Archiv in Göttingen erfahren kann? Einen ersten Einblick darein gaben wir euch mit einem Artikel zur ‘Krautzone’ in der letzen Vereins Zeitschrift Hingeschaut! #2 Mai 2021.
Die aktuelle Mobilisierung der Corona-Rebellen – Verschwörungserzählungen und Einflussversuche durch die extreme Rechte
Am 16. Mai 2020 tönte aus der Göttinger Versammlung der selbsternannten Corona-Rebellen ein lautes „Wir bleiben antifaschistisch!“. Auf der linken Gegenkundgebung steht der selbe Spruch auf den hochgehaltenen Schildern. Sorgt der sogenannte „Corona-Wahnsinn“ doch für mehr Verwirrung als gedacht? Auch im zweiten Jahr der Pandemie scheint eine genaue Einordnung der Protestbewegung noch immer schwierig. So dominieren in der Region nicht subkulturell ge-prägte Neonazis die ersten Reihen der Veranstaltungen, sondern Menschen, die aus antisemitischen Verschwörungserzählungen eine antidemokratische Haltung annehmen. In unserem Vortrag wollen wir die Entwicklung der südniedersächsischen Corona-Leugner*innen skizzieren, auf propagierte Inhalte eingehen und zeigen, wie extrem rechte Akteure versuchen, Einfluss auf die Proteste zu gewinnen.
Das Antifaschistische Bildungszentrum und Archiv Göttingen e. V., kurz ABAG, möchte über Ausprägungen gruppenbezogener Menschen- feindlichkeitaufklären und die aktuellen wie auch zeithistorischen Praxen der extremen Rechten in der Region dokumentieren.
Die aktuelle Mobilisierung der Corona-Rebellen – Verschwörungserzählungen und Einflussversuche durch die extreme Rechte | 25.01.2022 | 17.30 | Online-Veranstaltung | Anmeldung unter: goettingen@bw-verdi.de
Unsere Auflistung extrem rechter Aktivitäten für die Region Göttingen sowie die Landkreise Göttingen, Northeim und Eichsfeld ist nun auf unserer Homepage einsehbar
In den vergangenen Wochen verzeichnete das Antifaschistische Bildungszentrum und Archiv Göttingen (ABAG) eine Zunahme von verschwörungsideologischen Aufmärschen und Aktionen in Südniedersachsen und dem thüringischen Eichsfeld. Diese Aktivitäten gehen in der Regel mit antisemitischen und/oder den Nationalsozialismus relativierenden Aussagen einher. So werden die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie mit dem historischen Nationalsozialismus gleichgesetzt. Auf dem Göttinger Zentralcampus wurde beispielsweise„"2G=[Hakenkreuz]“ geschmiert. Auf einer Veranstaltung in Herzberg (Harz) wurden außerdem Karl Lauterbach mit Adolf Hitler und die Ungeimpften mit den im Nationalsozialismus verfolgten Jüdinnen und Juden gleichgesetzt.
"Es ist schlicht unerträglich, wie radikalisierte Impfgegner*innen die
Corona-Schutzimpfung mit der Vernichtungspraxis der NationalsozialistInnen gleichsetzen“ führt das ABAG aus.„Gleichzeitig sehen sich viele der selbsterklärten ‚Corona-Rebellen‘ in einem Endkampf gegen globalisierte Eliten und bedienen damit antisemitische Codes“ so das ABAG weiter. Neben dieser verschwörungsideologischen und NS-verharmlosenden Ausrichtung stellt das ABAG seit Beginn der Proteste gegen die Coronamaßnahmen im Jahr 2020 immer wieder Bedrohungen und Angriffe auf Journalist*innen im Umfeld der Aufmärsche fest. Anwesende Pressevertreter*innen wurden bereits mehrmals mit dem Tod bedroht oder ihnen aggressiv in die Kamera gegriffen.
Die aktuelle Mobilisierungswelle wird insbesondere durch die Telegram-Kanäle "Freies Thüringen“ und "Freie Niedersachsen“ beschleunigt. Die Chatgruppen wurden nach dem Vorbild der extrem rechten "Freien Sachsen“ gegründet. Sie wirken als ein Organisationskatalysator unter dessen Dach verschiedene lokale Organisationen und Initiativen zusammentreffen und eine gemeinsame Mobilisierungsplattform finden. In der Region nehmen die Veranstaltungen in Herzberg eine Sonderrolle ein: Hier haben die Landtagsabgeordnete Dana Guth (Liberal-Konservative Reformer, ehemals AfD) und Jens Krause (Landesvorsitzender LKR) die Organisation der Aufmärsche übernommen. "Diese Entwicklungen zeigen die Breite des Mobilisierungspotentials für pseudowissenschaftliche, irrationale und oft auch antisemitische sowie den Nationalsozialismus relativierende Erzählungen. Die Aufmärsche gehen dabei immer wieder mit Gewalt gegenüber Journalist*innen einher. Das hieraus resultierende Bedrohungspotential sollte nicht unterschätzt werden“, stellt das ABAG abschließend fest.
Das Antifaschistische Bildungszentrum und Archiv Göttingen dokumentiert im Rahmen einer Chronik rechte, antisemitische und rassistische Vorfälle für die Regionen Südniedersachsen und Eichsfeld. Ein Auszug über die in den vergangenen Wochen dokumentierten Vorfälle finden Sie im Anschluss an die Pressemitteilung.
Für Rückfragen stehen wir unter: kontakt@antifaschistisches-archiv.org zur Verfügung. Rechte, rassistische und antisemitische Vorfälle können unter chronik@antifaschistisches-archiv.org oder über das Kontaktformular auf der Homepage gemeldet werden.
Das Kulturbüro Sachsen e.V., der Verein Miteinander e.V. und MOBIT – Mobile Beratung in Thüringen haben eine gemeinsame Einschätzung zu den Proteste in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen veröffentlicht. Sie finden das Statement hier:
https://www.miteinander-ev.de/motor-der-radikalisierung/
Unsere Auflistung extrem rechter Aktivitäten für die Region Göttingen sowie die Landkreise Göttingen, Northeim und Eichsfeld ist nun auf unserer Homepage einsehbar
Unsere Auflistung extrem rechter Aktivitäten für die Region Göttingen sowie die Landkreise Göttingen, Northeim und Eichsfeld ist nun auf unserer Homepage einsehbar
Ausgabe 02 unserer Vereinszeitschrift Hingeschaut! ist inzwischen druckfrisch auf dem Weg zu unseren Fördermitgliedern. Gegen eine kleine Spende erhaltet ihr die Zeitschrift nun auch im Roten Buchladen. In der Ausgabe findet ihr unter anderem eine sehr ausführliche Chronik-Auswertung (inkl. Grafiken und Statistiken) für das Jahr 2020. Aber auch weitere spannende Beiträge zu dem Göttinger Dichter Moritz Jahn, ein Interview mit dem Roma Center Göttingen oder einen Beitrag über die, die Coronapandemie verharmlosenden, Proteste im Raum Südniedersachsen. Bitte informiert euch vor eurem Besuch des Roten Buchladens über aktuelle Regelungen bezüglich Corona und haltet Vorsichtsmaßnahmen zu eurem und zum Schutz Anderer ein. Der Rote Buchladen informiert diesbezüglich regelmäßig auf seiner Homepage.
Als Zusatz zur Hingeschaut #2 gibt es ein Beiheft über den Neonazi Hans-Michael Fiedler, der in den 80zigern das NPD Büro in der Burgstraße in Göttingen leitete und in der Zeit Bildungsarbeit für die extreme Rechte geprägt hat.
Am 25.06.2021 erscheint die zweite Ausgabe unserer Vereinszeitschrift Hingeschaut! mit vielen spannenden Beiträgen zum historischen, aber auch sehr aktuellen Antifaschismus. Um auf das Erscheinen der extra dicken Ausgabe anzustoßen und miteinander ins Gespräch zu kommen, möchten wir euch gerne zu einem gemütlichen Kuchenessen zu uns ins, bzw. Corona-Sage vor das Archiv einladen. Wir freuen uns, wenn ihr uns am Samstag den 26.06 zwischen 14:00 und 17:00 Uhr auf einen veganen Rhabarberkuchen in der Lange-Geismar-Straße 2 besuchen kommt.
Am 8. Mai gedenken wir den Opfern des Nazi-Regimes und erinnern an die Widerstandskämpfer*innen, die gegen den Faschismus gekämpft haben! Im letzten Jahr veröffentlichten wir einen Bericht über eine Gedenkfahrt auf den Wegen der Résistance – über die Menschen, die in Frankreich gegen den Faschismus Widerstand geleistet haben. Darin hielten wir fest, dass „antifaschistische Erinnerungsarbeit auch immer eine Auseinandersetzung mit der Gegenwart und Zukunft“ ist. Genau diese Brücke wollen wir mit dem Interview einer französischen Zeitzeugin fortführen: Christiane Méténier-Schmerber engagierte sich direkt nach ihrem Studium in der Résistance. Im Mai 1944 wurde sie deshalb nach Ravensbrück deportiert. Christiane Méténier-Schmerber hat überlebt und erzählt heute ihre Lebensgeschichte, damit die Verbrechen des Faschismus und der Widerstand dagegen nicht vergessen werden. Dieses Interview findet ihr in der kommenden Ausgabe der Hingeschaut! #2, unserer Vereinszeitschrift. Wir legen die Zeitschriften nach dem Druck im Buchladen Rote Straße aus und dort könnt ihr sie gerne – unter Berücksichtigung der geltenden Corona-Regeln – abholen. Denn wenn Überlebende und Verfolgten des Nationalsozialismus erzählen, müssen wir zuhören. Das ist die Aufgabe der Gegenwart. Die der Zukunft besteht darin, das Gehörte weiterzugeben. In diesem Sinne schließen wir mit den Worten von Christiane: „Regarde, écoute, n‘oublie pas“ – „Sieh hin, hör zu, vergiss nicht.“
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