Ausgabe 01 unserer Vereinszeitschrift Hingeschaut! ist inzwischen druckfrisch auf dem Weg zu unseren Fördermitgliedern. Gegen eine kleine Spende erhaltet ihr die Zeitschrift nun auch im Roten Buchladen. In der Ausgabe findet ihr unter anderem eine sehr ausführliche Chronik-Auswertung (inkl. Grafiken und Statistiken) für das Jahr 2019. Aber auch weitere spannende Beiträge zur Gedenk- und Erinnerungskultur, einen Rückblick auf unsere Veranstaltung zum Fretterode-Angriff sowie eine Einordnung der jungkonservativen Zeitschriften Zirkel & Phönix aus unserem Bestand findet ihr in unserem Magazin.
Bitte informiert euch vor eurem Besuch des Roten Buchladens über aktuelle Regelungen bezüglich Corona und haltet Vorsichtsmaßnahmen zu eurem und zum Schutz Anderer ein. Der Rote Buchladen informiert diesbezüglich regelmäßig auf seiner Homepage.
Die Corona-Pandemie als Vorwand – Querfront-Proteste in Göttingen mit extrem rechter Beteiligung
Wie in anderen Städten finden auch in Göttingen derzeit Aktionen gegen die sogenannten „Corona-Maßnahmen“ statt. Dabei sind die damit verbundene Forderungen und Protestformen, wie in anderen Städten, sehr vielfältig. Die folgende Analyse der lokalen Versammlungen soll dazu dienen, die sowohl inhaltlichen als auch personellen Verbindungen zur extremen Rechten zu beleuchten.
Bereits im Vorfeld der bisher größten Kundgebung der selbsternannten „Corona-KritikerInnen“ in Göttingen, am 9. Mai, wurden auf den Mobilisierungsplattformen der Gruppe verschiedene Beiträge von VerschwörungstheoretikerInnen gepostet. So konnten Follower des Telegram-Kanals „Corona Rebellen Göttingen“ unter anderem ein Video von Ken Jebsen anschauen. Der Betreiber des Youtube-Kanals „Ken FM“ lädt regelmäßig als Interview-PartnerInnen AutorInnen ein, die für das extrem rechte Compact-Magazin, wie seinen Chefredakteur Jürgen Elsässer, und den rechtsesoterischen Kopp-Verlag, wie Gerhard Wisnewski, schreiben. Ken Jebsen vertritt dabei antisemitische und anti-amerikanische Verschwörungstheorien, die auch teilweise in dem von ihm kürzlich veröffentlichtem und millionenfach aufgerufenem Video „Gates kapert Deutschland!“ zum Vorschein kommen.
Als Resonanz auf Jebsens viel diskutierten Videobeitrag wurden bei der Göttinger Kundgebung Aufkleber mit der Aufschrift „Gib Gates keine Chance“ verteilt. Auch die neueste Ausgabe der angeblichen „auflagenstärksten Wochenzeitung der Republik“ mit dem Titel Demokratischer Widerstand wurde dort verschenkt. Darin wird auf dem Titelblatt behauptet, dass sich die Bundesrepublik „unter einem de-facto-diktatorischen Regime“ befände. Die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des neuen Coronavirus werden als Ausrede für einen vermeintlichen „Griff zur Macht eines fanatischen Polit-, Medien- und Konzernkartells“ dargestellt. Dass solch eine verkürzte Kapitalismuskritik oft von einem modernen Antisemitismus begleitet wird, zeigen nicht zuletzt die im Netz kursierenden Karikaturen, die jüdische Menschen für die Corona-Pandemie verantwortlich machen: Bereits am 23. März trug laut Journalist*innen des Bayerischen Rundfunks eine Frau durch die Bamberger Altstadt ein Schild mit der Aufschrift „Coronavirus heißt Judenkapitalismus“.
Verantwortlich im Sinne des Presserechts zeichnet sich für das Blatt Demokratischer Widerstand Anselm Lenz. Gemeinsam mit anderen Verschwörungstheoretikern, wie Wolfgang Wodarg und Paul Schreyer, schreibt er regelmäßig für den Online-Blog Rubikon. Genau auf dieser Internet-Plattform interviewte Andrea Drescher zwei MitgründerInnen der Scheinpartei Widerstand2020. Der Soziologe Matthias Quent beschrieb diese Organisation als „diffuses Sammelbecken“ für „Verschwörungstheoretiker[Innen], Rechtspopulist[Inn]en und linksesoterische Impfgegner[Innen]“.
Eine genaue Betrachtung der TeilnehmerInnen bei der Kundgebung am 9. Mai am Gänseliesel spricht tatsächlich für diese Einschätzung: Neben bunt gekleideten Menschen unterschiedlicher Altersstufen waren ebenfalls Neonazis anwesend. Unter anderem war der vor allem in den 1990er Jahren für die NPD aktive Neonazi Stephan P. zugegen. Ein weiterer Mann holte in der Nähe der Kundgebung einen Stofffetzen mit einem darauf gemalten Q aus seiner Tasche. Dieser Buchstabe steht seit einigen Jahren in verschwörungstheoretischen Kreisen für einen angeblichen Informanten aus dem Umfeld des Weißen Hauses, der im Online-Forum 4chan aktiv wäre. Die verwendeten Farben Schwarz-Weiß-Rot bei dem Q auf dem Stofffetzen bei der Göttinger Kundgebung deuten auf die Farben des deutschen Kaiserreiches hin. Diese Farbkombination wird sehr oft in der Reichsbürgerbewegung verwendet. Auch Christoph G., Mitglied im AfD-Kreisverband Göttingen-Osterode, war bei der Kundgebung anwesend. Christoph G. erschien zuletzt ebenfalls vor dem alten Rathaus in Göttingen in einem Live-Video mit weiteren AfD-Mitgliedern, die dem völkischen Flügel der extrem rechten Partei zuzurechnen sind.
Auch bei den vergangenen Spaziergängen gegen die sogenannte „Corona-Maßnahmen“ waren unter anderem rechtsesoterische ImpfgegnerInnen dabei. Öffentlich zum nächsten Spaziergang am 11. Mai ruft Stephan H. auf. Der Besitzer des Garte-Verlags und selbsternannte Heilpraktiker wollte bereits am 19. März einen Vortrag in der lokalen Waldorfschule unter dem Titel „Corona-Virus – Müssen wir wirklich Angst haben?“ halten, bevor die Veranstaltung aufgrund der in Kraft getretenen Infektionsschutzmaßnahmen abgesagt wurde. In einem Artikel im NeuZeit Magazin bezieht sich Stephan H. positiv auf den Reichsleiter SS Heinrich Himmler und setzt das „chemisch-physikalische Vernichtungspotential“ von Verdun und Auschwitz gleich. Somit werden der Holocaust und die Verbrechen des NS-Regimes relativiert und verharmlost.
Verfremdete Kritik und gefährlicher Protest? Eine kritische Betrachtung der selbsternannten „Corona-KritikerInnen“ auf der lokalen Ebene offenbart Querfrontstrategien der extremen Rechten. Eine Protestbewegung, die sich „(basis-)demokratisch“ nennt, zeigt offene Flanken für Ideologien der Ungleichwertigkeit. In den kommenden Monaten werden vermutlich vermehrt solche Schulterschlüsse in der Region stattfinden, wie sie beispielsweise in Göttingen bereits geschehen. Eine besondere Aufmerksamkeit ist daher höchst empfehlenswert!
Update zur Kundgebung der selbsternannten „Corona-KritikerInnen“ in Göttingen am 16.05.2020:
Von den OrganisatorInnen der Versammlung wurde sowohl am Mikrophon, als auch gegenüber des Göttinger Tageblatts verkündet, dass ihr Protest „weder rechts noch links“ sei. Das entspricht allerdings nicht unseren Beobachtungen: So befanden sich unter den circa 140 TeilnehmerInnen vereinzelt Personen, die der extremen Rechten angehören. So beispielsweise erneut Christoph G., Mitglied der AfD im Kreisverband Göttingen-Osterode. Allerdings kündigte er im Nachhinein an, zukünftig nicht mehr an den Kundgebungen teilzunehmen.
Wir weisen außerdem darauf hin, dass auch auf der Veranstaltung vom 16. Mai verschwörungstheoretische und antisemitische Inhalte zu finden waren. So wurden auch dieses Mal Ausgaben der – schon im Hauptartikel erwähnten – verschwörungstheoretischen Wochenzeitung »Demokratischer Widerstand« verteilt. Eine Teilnehmerin trug außerdem ein Halstuch des extrem rechten Labels »Politaufkleber.de« mit der Aufschrift »WHO Mehr Diktatur wagen«. Eine weitere Teilnehmerin der Versammlung bekundete auf ihrem T-Shirt, ebenfalls von »Politaufkleber.de«, ihre Solidarität mit Xavier Naidoo, der in seinen Liedern unter anderem antisemitische Klischees bedient hat.
Mehrere TeilnehmerInnen der Kundgebung am Gänseliesel positionierten sich auf Schildern zudem gegen Neonazis und Rassismus und klatschten vereinzelt bei Redebeiträgen anwesender Antifaschist*innen, die gegen die Versammlung der „Corona-KritikerInnen“ protestierten.
Update zu wöchentlichen Kundgebungen der selbsternannten „Corona-KritikerInnen“ in Göttingen vom 23. Mai bis zum 6. Juni
Die Anzahl der TeilnehmerInnen an den wöchentlichen Kundgebungen der selbsternannten „Corona-KritikerInnen“ ist im Laufe der letzten drei Wochen deutlich gesunken. Da die Gegenproteste sehr laut waren, wurden von den „Corona-KritikerInnen“ keine Redebeiträge mehr gehalten. Stattdessen saßen sie still vor dem alten Rathaus – am 6. Juni ausnahmsweise auf dem Wilhelmplatz – und verteilten verschiedene Schriftstücke an Passant*Innen. Nach wie vor wurden Ausgaben der verschwörungstheoretischen Wochenzeitung Demokratischer Widerstand verteilt. Ebenfalls wurden selbst gedruckte Blätter mit Linksammlungen und Empfehlungen von Beiträgen ausgewählter „Corona-ExpertInnen“, unter anderem von den Verschwörungstheoretikern Wolfgang Wodarg und Ken Jebsen, und vom Mitgründer der Partei Widerstand 2020 Bodo Schiffmann, verteilt.
Außerdem trugen bei der Kundgebung am 23. Mai zwei Teilnehmer eine Krähenmaske mit dem Verweis „Kennen Sie die Wahrheit? – Corona2wahrheit.de“. Auf dieser Webseite wird von der Entstehung einer „neuen Weltordnung“ berichtet. Dabei würde eine vermeintliche „weltweite Elite“ versuchen, das „Volk“ durch gezielte Propaganda in seiner Freiheit zu beschneiden, um Profit daraus zu schlagen. Solche Motive deuten auf antisemitische Denkmuster hin, die hier mit einer vorgeblich antikapitalistischen Rhetorik verbunden werden. Auf der Webseite werden der Verein Tiergesundheit e.V. im Impressum und Klaus T. als Verantwortlicher für Webdesign aufgeführt. Klaus T. scheint mit den dort verbreiteten Inhalten übereinzustimmen, da er sich in sozialen Netzwerken über die „diktatorischen Maßnahmen“ im Hinblick auf die Tragepflicht der Nasen-Mund-Maske aufregt, und die Gefährlichkeit des neuartiges Virus Covid-19 abstreitet.
Bei der Kundgebung trug eine weitere anwesende Person einen Anstecker mit der Inschrift „Kauft keine Lügenpresse!“, was eine Parallele zur Pressefeindlichkeit unter anderem bei PEGIDA-Versammlungen aufweist. Darüber hinaus wurde bei der Kundgebung am 30. Mai der bekannte AfD-Wahlspruch „Mut zur Wahrheit“ als Aufschrift auf einem Transparent verwendet.
Die Kundgebungen der „Corona-KritikerInnen“ sind also durch die dort verbreiteten – oftmals antisemitischen – Verschwörungstheorien für die Extreme Rechte anschlussfähig: Bei der letzten Kundgebung am 6. Juni trug ein Teilnehmer einen Pulli der nationalistischen Band Frei.Wild, die sich in ihrem Video zum Lied „Wahre Werte“ positiv auf die extrem rechte Terrororganisation Befreiungsausschuss Südtirol bezieht. Am 23. Mai war erneut der langjährig bei der NPD aktive Neonazi Stephan P. anwesend.
Neues aus dem ABAG im April 2020
Hiermit wollen wir Euch über die neuesten Entwicklungen des Antifaschistischen Bildungszentrums und Archivs Göttingen e. V. informieren. Selbstverständlich verfolgen auch wir aufmerksam die Ausbreitung des Virus Covid-19 und sehen uns mit in der Verantwortung, diese zu verlangsamen. Treffen, Archiv-Besuche und Pflege unseres Bestandes finden gerade nicht statt. Durch unser Handeln wollen wir dazu beitragen, die Gefahr für Risikogruppen zu vermeiden. Bitte zeigt Euch ebenfalls solidarisch, indem Ihr Vorsichtsmaßnahmen einhaltet.
Trotz all der Schwierigkeiten sich zu treffen und weiter an unseren Projekten zu arbeiten, haben wir einiges in den letzten Wochen erreicht. Wir befinden uns aktuell in der Endredaktion verschiedener Publikationen. Die Broschüre Die extreme Rechte in Südniedersachsen – Eine unterschätzte Gefahr, die wir im Auftrag lokaler Träger des Bundesprogramms Demokratie Leben! schreiben, ist bereits in einer Vorabfassung an unseren Auftraggeber*innen zugeschickt worden. Zugleich steht das abschließende Lektorat der ersten Ausgabe unserer jährlich erscheinenden Vereinszeitschrift Hingeschaut! vor. Daraus ergeben sich intensive Diskussionen, die wir so nicht erwartet haben. Jedoch empfinden wir diesen Austausch als wertvoll und lohnenswert, da die Qualität der Publikationen dadurch verbessert wird. Wir werden euch natürlich rechtzeitig über die Veröffentlichungen informieren.
In der Hingeschaut! werden wir unter anderem die ausführliche Auswertung unserer Erfassung extrem rechter Vorfälle in Südniedersachsen mitsamt anschaulicher Grafiken präsentieren. Eine Auswahl extrem rechter Vorfälle für das Jahr 2019 befindet sich nun in tabellarischer Form auf unserer Homepage (https://antifaschistisches-archiv.org/angebot/chronik/chronik-2019/). Im Rahmen der erstmaligen Veröffentlichung einer Chronik des ABAG findet ihr dort ebenfalls einen begleitenden Analysetext. Mit ihm stellen wir unsere methodischen Grundlagen vor und benennen die Schwerpunkte extrem rechter Tätigkeiten in der Region [https://antifaschistisches-archiv.org/publikationen/hingeschaut/ueber-400-extrem-rechte-vorfaelle-im-jahr-2019-in-der-region-erfasst/].
Selbstverständlich führen wir auch für das aktuelle Jahr eine Chronik und nehmen jederzeit gerne Informationen über rechte Aktivitäten entgegen. Am besten erreicht ihr uns per Mail an unsere dafür eingerichtete Emailadresse (chronik@antifaschistisches-archiv.org). Schickt uns nach Möglichkeit einen Quellennachweis in Form eines Fotos, Screenshots o. Ä. mit, sowie die wichtigsten Informationen (Geschehen, Ort, Datum und Zeitpunkt).
Bleibt gesund und passt auf euch auf!
Viele Grüße
ABAG e. V.
Neues aus dem ABAG im Dezember 2019
In den letzten Monaten ist viel passiert. Im Oktober und November haben wir spannende Veranstaltungen zum Neonazi-Angriff in Fretterode und dem Neonazi und Multifunktionär Thorsten Heise organisiert. Beide Veranstaltungen waren mit einer dreistelligen Gästeanzahl sehr gut besucht. Außerdem diskutierten wir mit vielen Interessierten angeregt über den Begriff des „Rechtsrucks“ bei einem von uns ausgerichteten Workshop im Rahmen der Veranstaltungsreihe des Roten Zentrums. Im Falle des Vortrags von Kai Budler zu Thorsten Heise war der Andrang sogar so groß, dass nicht alle Leute in den Veranstaltungssaal gepasst haben. Wir werden die Veranstaltung aus diesem Grund am 20. Januar um 18.00 Uhr im Apex wiederholen. Weiter geht es bereits am 11. Dezember 2019 mit unserem Vortrag zu rechten Symbolen und Codes im Backpacker‘s Inn in Einbeck.
Bei uns im Archiv findet ihr ab sofort die Sonderausgabe #5 der Fachzeitschrift Lotta zu Studentenverbindungen im Netzwerk der extremen Rechten. Für diese Ausgabe haben wir in Kooperation mit Sonja Brasch einen Artikel zur Fuxenzeit als politische Sozialisation beigesteuert – darin zeigen wir auf, wie autoritäre und patriarchale Strukturen innerhalb des Korporationswesen bewahrt und vermittelt werden. Wir haben extra ausreichend Ausgaben bestellt, sodass sich Interessierte mehrere Exemplare mitnehmen können. Es lohnt sich also mal bei uns vorbeizukommen!
Auch wenn sich das Jahr 2019 dem Ende neigt, dokumentieren wir immer noch extrem rechte Aktivitäten in Göttingen sowie den benachbarten Landkreisen Göttingen, Northeim und Eichsfeld (Thüringen). Leider ist unsere Informationsdichte, insbesondere für die ländlicheren Regionen, nicht ansatzweise so dicht wie sie es in Göttingen ist. Wir sind dabei auch auf eure Unterstützung angewiesen! Seht ihr Nazisticker an einer Laterne? Müsst ihr die Rechtsrockparty im benachbarten Garten ertragen? Sind bei euch im Ort Nazischmierereien aufgetaucht? Schickt uns einfach eine Mail an chronik@antifaschistisches-archiv.org mit Informationen und einem Foto o.Ä. im Anhang. Eine Auswertung der Daten werden wir dann in der Hingeschaut! präsentieren. Eine ausführliche Chronik für Göttingen sowie die benachbarten Landkreise werden wir außerdem im Frühjahr 2020 online stellen.
Veranstaltungen im Herbst 2019
Das Antifaschistische Bildungszentrum und Archiv Göttingen e. V. hat für den Herbst einige spannende Veranstaltungen organisiert. Dort wird über die extreme Rechte in der Region berichtet, sowie über Möglichkeiten der Unterstützung Betroffener rechter Gewalt und über den Begriff des „Rechtsrucks“ diskutiert. Ihr seid herzlich eingeladen vorbeizukommen und weitere interessierte Menschen mitzubringen!
Dienstag 22.10. 19.00 Uhr | Auditorium 11 | Podiumsdiskussion: Ein Jahr nach dem Angriff in Fretterode – Rechte Gewalt und ihre Folgen | Teilnehmende: ein betroffener Journalist, Sven Adam (Rechtsanwalt des Betroffenen), Kristin Harney (Mobile Beratung Niedersachsen), Theresa Lauß (Opferberatung Ezra)
Ankündigungstext: Vor über einem Jahr wurden zwei Journalisten bei einer Recherche im nahe gelegenen thüringischen Eichsfeld von bewaffneten Neonazis angegriffen. Beide Betroffenen trugen schwere Verletzungen davon. Erst zehn Monate später wurde gegen die zwei tatbeteiligten Neonazis im Umfeld vom stellvertretenden NPD Bundesvorsitzenden Thorsten Heise Anklage erhoben. Im Fokus der Öffentlichkeit stand nach diesem brutalen Angriff das inkonsequente Handeln der zuständigen Staatsanwaltschaft. Nach Handlungsmöglichkeiten gegen rechte Gewalt und Einschüchterungsversuchen wurde jedoch nicht gesucht. Deshalb wollen wir mit einem der Betroffenen, seiner anwaltlichen Vertretung, sowie mit
Vertreterinnen der Mobilen Beratung Niedersachsen und der
Opferberatungsstelle Ezra aus Thüringen ins Gespräch kommen, um den Vorfall aus mehreren Perspektiven darzustellen und den Umgang von Staat und Gesellschaft mit rechter Gewalt beleuchten.
Montag 28.10. 18.00 Uhr | Apex | Vortrag: Zwischen Gewalt, Rechtsrock und Kommerz. Der Multifunktionär Thorsten Heise | Referent: Kai Budler
Ankündigungstext: Kaum eine Person hat die südniedersächsische neonazistische Rechte in den letzten 25 Jahren so geprägt wie der im nahegelegenen Fretterode wohnende Thorsten Heise. Mit seiner Infrastruktur, seinen Netzwerken und den jahrzehntelangen Erfahrungen gehört er zu den Säulen der bundesweiten extrem rechten Bewegung und ihrem Rückgrat. Er zählt zu den Kadern mit Geld und Einfluss, die Kristallisationspunkte einer neuen militanten Neonazi-Bewegung sind. Der freie Fachjournalist Kai Budler skizziert in seinem Vortrag Heises Entwicklung vom gewalttätigen Skinhead hin zu einem bundesweit aktiven und gut vernetztenMulti-Funktionär der extremen Rechten. Besonderes Augenmerk wird dabei auf seinen Verstrickungen zu rechtsterroristischen Gruppen liegen.
Dienstag 29.10. 18.00 Uhr | ZHG 007 | Vortrag: Rechte Symboliken erkennen und benennen
Ankündigungstext: Ob Schwarze Sonne oder Thor Steinar, Nazi-Hipster oder Nazi-Skinhead, die extreme Rechte verfügt über eine Vielzahl von Symbolen, Marken und Codes, über welche sie ihre Gesinnung für Gleichgesinnte offenbart und sich so gleichzeitig von der restlichen Gesellschaft abgrenzt. Der Vortrag wird die verschiedenen Bezugspunkte extrem rechter Symbolik vorstellen, einordnen und durch Praxisbeispiele aufzeigen, wie sie erkannt werden können.
Freitag 08.11. 19.00 Uhr | Rote Hilfe Saal, Lange-Geismarstraße 3 |
Diskussionsveranstaltung: „Rechtsruck?“ Historische Perspektiven auf
rechte Formierungen | mit: Eric Angermann
Ankündigungstext: Seit den Wahlerfolgen der AfD in der Bundesrepublik und weiterer rechter Parteien in Europa sprechen antifaschistische Initiativen, Fachjournalistinnen und kritische Wissenschaftlerinnen beinahe einhellig von einem gesellschaftlichen „Rechtsruck“. Blickt man jedoch auf die bundesdeutsche Geschichte der Extremen Rechten und des Konservatismus, lässt sich diese Bewertung jedoch hinterfragen. Denn die Positionen wie jene der AfD waren seit Gründung der Bundesrepublik wiederholt wirkmächtig. In dieser Veranstaltung soll zunächst die historische Entwicklung reaktionärer Kräfte und ihrer Ansichten skizziert werden. In der Folge soll gemeinsam diskutiert werden, inwieweit die gegenwärtigen Kräfteverhältnisse die Erzählung eines „Rechtsrucks“ zulassen und ob ein alternatives Narrativ die Niederlagen, aber eben auch die Erfolge progressiver Bewegungen eher sichtbar machen würde.
Stephan Ernst und die Neonazi-Szene in Südniedersachsen
Nachdem mit Stephan Ernst der mutmaßliche Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke festgenommen wurde, haben auch wir in unserem Archiv nach Hinweisen auf ihn gesucht. Dabei konnten wir Ernst auf drei Aufmärschen in Göttingen und in Kassel Anfang der 2000er Jahre identifizieren. Wir wollen diesen Anlass nutzen, um die neonazistische Rechte der Jahrtausendwende in unserer Region näher zu beleuchten.
In den späten 1990er und frühen 2000er Jahren näherten sich die NPD und das militante Kameradschaftsspektrum einander an. Zuvor waren bis 1995 mehrere neonazistische Kleinstparteien verboten worden, unter anderem die in Südniedersachsen sehr aktive und gewalttätig auftretende „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP) um Thorsten Heise, der daraufhin die „Kameradschaft Northeim“ initiierte; sie war auch bundesweit eine der führenden Kameradschaften, mit denen staatliche Verbotsverfahren künftig erschwert werden sollten. Heise war es auch, der mit weiteren führenden Kameradschaftsaktivisten das Gespräch mit der inzwischen offen neonazistisch und sozial-völkisch auftretenden NPD suchte, deren Mitglied er schließlich im Jahr 2004 wurde.
Die NPD setzte in jenen Jahren nun mit Kameradschaften auch auf eine verstärkte „Straßenpolitik“, zu der auch Aufmärsche in sogenannten „Frontstädten“ zählten. Zu diesen wähnten sie bereits damals Göttingen, welche die NPD als „autonome Hochburg“ bezeichnete. Nachdem die ersten Aufmärsche aufgrund eines behördlich und gerichtlich bestätigten Verbots nicht stattfinden konnten, änderte sich die Rechtssprechung für den 16. Juni 2001. An diesem Tag fand der erste neonazistische Aufmarsch seit über 10 Jahren in Göttingen statt. Die NPD meldete ihn im Rahmen der anstehenden Kommunalwahl unter dem Motto „Freiheit der Völker, stoppt den Globalisierungwahn“ an. Die Neonazis zogen vom Schützenplatz über den Maschmühlenweg zum Hagenweg. Eine Route durch die Innenstadt war der NPD verwehrt geblieben.
Gegen den Aufmarsch mobilisierte ein breites Bündnis, es kam unter anderem zu einer symbolischen Besetzung des Schützenplatzes sowie zu einer Sitzblockade. Da es der Polizei nicht gelang, die Blockade zu räumen, ereignete sich ein Kuriosum: Aus Protest gegen die Sitzblockade traten die Neonazis ebenfalls in einen „Sitzstreik“, um so doch noch ihre Route durchzusetzen. Auch Stephan Ernst beteiligte sich an dieser Aktion.
Neben Stefan Pf. und Martin G. , zwei damaligen NPD-Aktivisten aus Göttingen, sprachen Udo Voigt, Dieter Riefling und Thomas Wulff – allesamt bereits 2001 seit Jahrzehnten führende Köpfe der neonazistischen Rechten in Deutschland. Im Anschluss daran übernahmen die„Freie Kräfte“ die Versammlungsleitung und versuchten spontan in die Innenstadt zu gelangen. Dieses Vorhaben verhinderten allerdings die Polizei und massive Gegenproteste. Kurz vor Ende des Aufmarsches skandierten noch einige TeilnehmerInnen die Losung „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“, worauf die Polizei Göttingen die Personalien aller teilnehmenden Neonazis aufnehmen wollte – ein Vorgehen, welches die Staatsanwaltschaft jedoch unterband. Den Aufmarsch werteten die Organisatoren trotz der nicht genehmigten Route auf „widerstand.com“ unter den Titel: „Nationaler Widerstand marschiert in der Frontstadt Göttingen“ als Erfolg.
Der zweite Aufmarsch, an dem Stephan Ernst in Göttingen teilnahm, organisierte ebenfalls die NPD und gehörte zu einer Aufmarschkampagne, die die Partei im gesamten Bundesgebiet durchführte. Er zog ebenfalls durch die Weststadt. Ähnlich wie ein Jahr zuvor besetzten Antifaschist*innen den Schützenplatz, wieder verließen sie ihn nach der Räumungsdrohung durch die Polizei. Diese nutzte erneut die Zuggleise als „natürliche“ Barriere zwischen der NPD und den Nazi-Gegner*innen. Das Motto des NPD-Aufmarsches lautete: „Arbeit statt Globalisierung, Arbeitsplätze zuerst für Deutsche“. Insgesamt nahmen circa 200 extrem Rechte an ihm teil, unter ihnen Stefan Pf., Martin G., sowie Heise mit seiner Kameradschaft Northeim. Stephan Ernst war Teil einer Delegation der Kasseler JN/NPD, zu der auch sein Weggefährte Mike S. gehörte.
Im gleichen Jahr kam es auch zu einer NPD-Kundgebung in Kassel mit dem Parteivorsitzenden Udo Voigt als Redner.
Auch hier nahm Stephan Ernst mit weiteren Kasseler Neonazis teil.
Mehrere Bilder dieser Kundgebung sind nach dem Mord an Walter Lübcke medial weit verbreitet. Sie zeigen Ernst auf einem Foto mit den bereits erwähnten Pf. und G. aus Göttingen sowie mit Stanley R., einem Kader des rechtsterroristischen Netzwerks „Combat 18“ und wie Ernst aus Kassel.
Nicht nur wegen diesem Foto ist es durchaus wahrscheinlich, dass Ernst die Göttinger NPDler sowie Stanley R. kannte. Denn die neonazistische Szene war bereits damals im „Dreiländereck“ Niedersachsen – Hessen – Thüringen gut miteinander vernetzt. Zeitweise traten Neonazis aus der Region als „Kameradschaft Dreiländereck“ auch gemeinsam in Erscheinung. Ohnehin reichen die Verbindungen der neonazistischen Strukturen zwischen Nordhessen und Südniedersachsen bis mindestens in das Jahr 1993 zurück. Damals fuhren FAPler aus Göttingen und Kassel – unter ihnen Thorsten Heise – gemeinsam zum Rudolf Hess-Marsch nach Fulda.
Heise als regionale Führungsfigur erklärte nach der Ermordung Walter Lübckes, er kenne Ernst persönlich nicht. Er könne aber auch nicht ausschließen, mit ihm an einem Aufmarsch teilgenommen zu haben und führt weiterhin an, dass er erst später in die Partei eingetreten sei. Ernsts enger Weggefährte Mike S. verließ die JN Kassel jedoch erst im August 2007, da sie sich verstärkt von den Autonomen Nationalisten distanzierte. Auch Ernst war in diesem Jahr noch an Aktionen im Umfeld der örtlichen JN beteiligt. So zeigt ein von Panorama veröffentliches Video Ernst und S. im Februar 2007 bei einer Schlägerei vor dem DGB-Haus in Kassel. Zu diesem Zeitpunkt ist Heise jedoch bereits seit vier Jahren führendes Mitglied in der NPD. Weiterhin pflegten sowohl Ernst als auch Heise Kontakte nach Dortmund, unter anderem zur „Oidoxie Streetfighting Crew“ um Marco G. Eine Bekanntschaft zwischen Ernst und Heise lässt sich somit zum jetzigen Zeitpunkt nicht belegen. Dennoch kann sie aufgrund der engen Verstricktheit der regionalen Nazi-Strukturen keinesfalls ausgeschlossen werden.
Beide gehören ohnehin zu einer Generation der neonazistischen Rechten, die bis heute eine führende Rolle in diesem Spektrum einnimmt. Die ihr Zugehörigen erlebten ihre Politisierung in einer Hochphase der Extremen Rechten ab Mitte der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre. Im Kontext einer hetzerischen Anti-Asylkampagne der Unionsparteien in der Bundesrepublik und massiver sozialer Umbrüche, die mit der Wende gerade in Ostdeutschland spürbar waren, erlebten die neuen jungen Neonazis jener Jahre eine staatlicherseits kaum unterbundene Handlungsmacht. Sie mordeten, übten Brandanschläge aus, führten Pogrome an und arbeiteten währenddessen an heute noch bestehenden Netzwerken. Heise entwickelte sich in dieser Zeit zum führenden Aktivisten, dessen Straftaten kaum juristisch verfolgt wurden. Auch Ernst verübte 1993 noch als Heranwachsender einen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim. Beide zählen zur „Generation Hoyerswerda“, die in der von PEgIdA geprägten völkischen Bewegung der vergangenen Jahre sich wieder im politischen Aufwind wähnt, nun selbst junge Neonazis politisiert – und wohl wieder mordet.
Neues aus dem ABAG!
Das Antifaschistische Bildungszentrum und Archiv Göttingen e.V. ist am 23. April 2019 nun endlich ins Vereinsregister eingetragen worden. Wir sind überglücklich, dass es jetzt auch offiziell losgeht und wir unser Vereinskonto eröffnen konnten. Einige von Euch unterstützen uns ab kommenden Monat bereits mit einer Fördermitgliedschaft. Wir haben aber leider immer noch nicht genügend Fördermitglieder, um unsere laufenden Ausgaben zu decken. Wir würden uns freuen, wenn ihr Werbung für unser Archiv machen würdet, um unsere Arbeit so langfristig zu sichern. Fördermitglied werden könnt ihr ganz einfach online unter:
Bereits Anfang des Jahres haben wir unsere Räumlichkeiten in der Langen-Geismar-Straße 2, 37037 Göttingen bezogen. Hier katalogisieren wir nach wie vor fleißig unseren Archivbestand. Über 1000 Zeitschriften, Broschüren und Bücher haben wir bereits in unsere Datenbank aufgenommen. Außerdem erstellen wir im Laufe des Jahres 2019 in Kooperation mit lokalen Trägern des Bundesprogramms “Demokratie Leben!“ eine Broschüre zur rassistischen Mobilisierung in der Region Südniedersachsen. Darin werden wir die Entwicklungen der extremen Rechten in den vergangenen Jahren nachzeichnen und zivilgesellschaftlichen Akteuren Raum für ihre Erfahrungen im Engagement mit den lokalen rechten Strukturen einräumen.
Im Frühjahr 2019 veröffentlichten Autoren aus unseren Reihen zudem zwei Artikel in der Ausgabe 177 der Fachzeitschrift „Der Rechte Rand“ zum Thema „Kommunalwahlen“.
Der erste Artikel mit dem Titel “Extrem rechter Nachwuchs“ beschäftigt sich mit dem Umfeld der Jungen Alternativen aus Südniedersachsen. Nachdem im November 2018 die Jugendorganisation der AfD aufgrund personeller Überschneidungen mit der vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung und Verstrickungen in organisierte Neonazi-Strukturen ihre Selbstauflösung beschloss, entwickelte sich in Göttingen zunehmend ein Umfeld aus ehemaligen Aktivisten der Jungen Alternativen sowie weiteren Einzelpersonen, welche sich peu à peu zu einer klassischen Neonazistruktur formierten. Heute stehen sie nachweislich dem Umfeld des überregional bekannten Nazikaders Thorsten Heise nahe.
Der zweite Artikel mit dem Titel „Am Katzentisch in der letzten Reihe“ beschäftigt sich mit der niedersächsischen AfD. Interne Konflikte und Machtspielchen sowie innerparteiliche Differenzen und Zerwürfnisse werden zum Anlass genommen, ein aktuelles Bild der Partei in Niedersachsen zu zeichnen.
Ein Blick in die aktuelle Ausgabe von „Der Rechte Rand“ lohnt sich also. In Göttingen bekommt ihr sie unter anderem im Roten Buchladen. Zudem erscheinen die Artikel in der nächsten Zeit online auf der Homepage der Zeitschrift und demnächst auch hier.
Neben unserer Homepage betreiben wir seit dem Frühjahr 2019 eine Facebook-Seite, auf der wir gelegentlich über laufende Projekte und Ähnliches informieren. Wir würden uns freuen, wenn ihr sie abonnieren würdet.
Zu guter Letzt möchten wir darauf hinweisen, dass wir jederzeit gern rechtes Material entgegen nehmen, seien es extrem rechte Flyer im Briefkasten oder Aufkleber an Laternen.
Packt es in einen Umschlag, legt ihm einen Notizzettel bei, welcher Datum und Ort des Aufgefundenen beinhaltet und schickt es an uns per Post an die Lange-Geismar-Straße 2, 37073 Göttingen.
Wenn ihr in Göttingen wohnt und euch die Briefmarke sparen wollt, könnt ihr es auch in unser offen zugängliches Postfach im Roten Buchladen legen.
Danke für euren Support!
Unterstützt das ABAG!
Endlich ist es soweit: Das ABAG hat seine Räumlichkeiten bezogen und auch der Verein ist nun in Gründung. Bis wir unser umfangreiches Archiv aber fertig aufgebaut und geordnet haben, dauert es aber noch ein paar Wochen. Doch bald melden wir uns mit unseren Besuchsmöglichkeiten und ersten Veranstaltungen.
Ihr könnt uns allerdings auch jetzt schon unterstützen: Werdet Fördermitglieder, damit wir ein stabiles finanzielles Fundament für unsere ehrenamtliche Arbeit schaffen können!
Das ABAG
Die Extreme Rechte ist in der Bundesrepublik eine andauernde Gefahr für eine offene, soziale und demokratische Gesellschaft. Dabei ist es ohne weiteres feststellbar, dass ihre verschiedenen Strömungen und Akteure – seien es neonazistische Gruppierungen und Parteien, die Neue Rechte, ReichsbürgerInnen, extrem rechte Studentenverbindungen, völkisch geprägte RechtspopulistInnen oder religiös-fundamentalistische Vereine – auch in Südostniedersachsen und Nordthüringen teils seit Jahrzehnten aktiv sind. Der Verein ANTIFASCHISTISCHES BILDUNGSZENTRUM UND ARCHIV GÖTTINGEN e.V. setzt es sich zur Aufgabe, generell über Ausprägungen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aufzuklären und die aktuellen wie auch zeithistorischen Praxen der Extremen Rechten in der Region zu dokumentieren.
Der Verein zeichnet sich demnach erstens durch sein Bildungsangebot aus. Interessierten wird die Möglichkeit gewährt, sich einen grundsätzlichen Überblick über extrem rechte Strukturen und Ideologien zu verschaffen. Daher stehen Referent*innen des Vereins zum Beispiel öffentlichen Bildungsträgern, Gewerkschaften, Parteien oder Bürger*inneninitiativen für inhaltliche Workshops, Seminare und Vorträge zur Verfügung. Angebotene Themen sind unter anderem extrem rechte Parteien in der Region, die Kritik an den Strukturen studentischer Korporationen oder antifeministische Ideologien innerhalb der Neuen Rechten. Zudem bietet der Verein Praxisworkshops an, etwa zu Datenverschlüsselung und Anonymisierung im Internet oder zu Grundlagen antifaschistischer Recherche. Ohnehin steht das Vereinsarchiv beispielsweise auch für externe Bildungs-, wissenschaftliche oder journalistische Arbeit nach vorheriger Anmeldung zur Verfügung.
Das somit nach Absprache offen zugängliche Archiv besteht maßgeblich aus diversen Primärquellen der regionalen Extremen Rechten seit Mitte der 1970er Jahre, wie etwa neonazistischen Flugblättern oder neurechten Publikationen. Des Weiteren wird mittelfristig eine dementsprechende Fachbibliothek eingerichtet. Der Verein ist jedoch zweitens nicht nur ein Dokumentationszentrum über die geschichtlichen Aspekte der Extremen Rechten, sondern informiert auch über ihre aktuellen Handlungen in Südostniedersachsen und Nordthüringen. Daher erscheint die Vereinszeitschrift „Hingeschaut! Die extreme Rechte in der Region“, die regelmäßig an seine Fördermitglieder verschickt wird. Einzelne Beiträge werden auch hier veröffentlicht.